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Gabriele Heinisch-Hosek

Gabriele Heinisch-Hosek

österreichische Politikerin; Bundesministerin (2008-2016); SPÖ
Geburtstag: 16. Dezember 1961 Guntramsdorf/Niederösterreich
Nation: Österreich

Internationales Biographisches Archiv 08/2025 vom 18. Februar 2025 (la)


Blick in die Presse

Herkunft

Gabriele Heinisch-Hosek wurde am 16. Dez. 1961 in der Marktgemeinde Guntramsdorf (Bezirk Mödling) im Industrieviertel südlich von Wien geboren, das zum Bundesland Niederösterreich gehört. Dort wuchs die Tochter eines Schlossers und einer Näherin zusammen mit ihrem jüngeren Bruder auf.

Ausbildung

H. besuchte 1968-1976 die Volks- und Hauptschule in Guntramsdorf, wechselte dann an ein Oberstufen-Realgymnasium nach Wien, wo sie 1980 die Matura ablegte. Anschließend absolvierte sie im niederösterreichischen Baden die Pädagogische Akademie in den Fächern Deutsch und Bildnerische Erziehung mit abschließender Lehramtsprüfung für Hauptschulen. 1992 legte sie zudem die Lehramtsprüfung für Sonderschulen für Schwerhörige und Gehörlose ab.

Wirken

Zunächst war H. ab 1983 als Pädagogin in der Wiener Sozialeinrichtung Spielzeugschachtel und bei der Volkshochschule beschäftigt. Ende 1984 wurde sie in Wien Hauptschullehrerin, ab 1985 und bis 2002 an einer Schwerhörigenschule.

H. begann ihr politisches Engagement als Mitglied der SPÖ 1990 mit der Wahl in den Gemeinderat ihrer Heimatgemeinde Guntramsdorf. 1995 rückte sie zum geschäftsführenden Mitglied des Gemeinderats auf und betreute bis 2008 für die Kommune die Themen Kunst, Kultur, Unterricht und Erziehung.

NationalratsabgeordneteBei der Nationalratswahl vom Okt. 1999 gelang H. für den Bezirk Mödling der Sprung ins Parlament. Bereits 2001 stieg sie innerhalb des SPÖ-Klubs zur Sprecherin ihrer Fraktion für Kinder- und Jugendfragen auf. Im gleichen Jahr konnte H. ihre innerparteiliche Position mit der Wahl zur SPÖ-Frauenvorsitzenden im Bezirk Mödling stabilisieren. Bei der vorgezogenen Nationalratswahl vom Nov. 2002 fiel die SPÖ unter Alfred Gusenbauer, der als Fürsprecher von H. galt, mit 36,5 % der Stimmen erstmals seit 1970 hinter die bürgerlich-konservative ÖVP zurück. H. konnte ihr Mandat aber behaupten. Von 2004 an war sie Frauensprecherin des SPÖ-Klubs und Vorsitzende des parlamentarischen Gleichbehandlungs-Ausschusses. Diese Positionen behielt sie auch nach der Nationalratswahl vom Okt. 2006. Bei dieser zog die SPÖ mit 35,3 % der Stimmen wieder knapp an der ÖVP vorbei. Im Jan. 2007 bildeten SPÖ und ÖVP eine inhaltlich instabile Koalitionsregierung unter Gusenbauer. H. war für diese Regierung zwar als Frauenministerin im Gespräch, musste das Amt aber der bisherigen SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures überlassen. Zwischen 2007 und 2008 war sie stellv. Klubvorsitzende der SPÖ-Nationalratsfraktion.

Landesrätin in NiederösterreichIm April 2008 wechselte H. vorübergehend in die niederösterreichische Landespolitik und nahm die Ernennung zur Landesrätin (Ministerin) für Gesundheit, Soziales und Jugendwohlfahrt an. Bei der vorangegangenen Landtagswahl im März hatte die ÖVP unter dem langjährigen Landeshauptmann Erwin Pröll ihre absolute Mehrheit auf 54,4 % ausgebaut, während die SPÖ weiter auf 25,5 % abstürzte. Pröll erneuerte daraufhin die in Niederösterreich übliche Konkordanzregierung mit neun Mitgliedern (ÖVP 6, SPÖ 2, FPÖ 1). Ihr Nationalratsmandat gab H. ab.

Bundesministerin ohne PortefeuilleNach acht Monaten Erfahrung in der Exekutive kehrte H. am 2. Dez. 2008 in die Bundespolitik zurück und stieg nun zur Bundesministerin auf. Vorausgegangen waren der Bruch der vorigen Koalition und vorgezogene Neuwahlen. Bei diesen verzeichnete die SPÖ unter ihrem neuen Vorsitzenden Werner Faymann zwar mit 29,3 % der Stimmen eine Niederlage, lag allerdings noch klar vor der ÖVP mit 26,0 %. Angesichts der Stärke der Rechtspopulisten aus FPÖ (17,5 %) und BZÖ (10,7 %) einigte sich Faymann aber rasch mit dem neuen ÖVP-Spitzenmann Josef Pröll auf eine Große Koalition unter Faymann.

In die Regierung trat H. als Bundesministerin ohne Portefeuille im Bundeskanzleramt ein und übernahm die Agenden für Frauenangelegenheiten und Gleichstellung sowie den öffentlichen Dienst. Sie löste in dieser Funktion Heidrun Silhavy (SPÖ) ab, die erst im Juni auf Bures gefolgt war. Als Frauenministerin bezog H. sogleich Position und warb für Frauenquoten, da diese zwar nicht "sehr elegant, aber wirksam" seien (so gegenüber dem Kurier, 5.12.2008). Auf Skepsis beim Koalitionspartner stieß ihr Vorschlag, bis 2020 eine verpflichtende Frauenquote von 40 % in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen einzuführen. Mit der Zuständigkeit für den öffentlichen Dienst wurde H. verantwortlich für die 132.700 Bundesbediensteten und die Verwaltungsakademie des Bundes.

Allerdings kämpfte die als "machtarme Ministerin" (Standard, 21.11.2009) beschriebene H. nach Auffassung politischer Beobachter in ihrem ersten Amtsjahr mit einem "Minibudget gegen Riesenprobleme", so bei Verhandlungen um ein neues Kindergeld. In allen Ressorts des öffentlichen Dienstes gab es 2011-2014 Kürzungen von insgesamt 350 Mio. Euro. Bei ihrem Entwurf für das Gesetz zur Einkommenstransparenz ab 2011 musste H. viele Abstriche machen, ein Gesetz zur Möglichkeit der Eheschließung homosexueller Paare trat wegen des Widerstands der ÖVP im Jan. 2010 nur mit zahlreichen Einschränkungen in Kraft.

Zur Erfolgsbilanz von H. zählten Medien, dass der Anteil der Frauen im Bundesdienst auf mehr als 40 % und bei Führungsposten (Sektionschefs, Gruppenleiter) um ein Viertel seit ihrem Amtsantritt gestiegen war und dass der Frauenanteil in staatsnahen Firmen Mitte 2013 im Schnitt 33 % betrug. Auch die Tatsache, dass in der Bundeshymne seit 2012 nicht nur die großen Söhne sondern auch die Töchter besungen wurden, gehörte zu den Positiva. Kritiker warfen ihr allerdings u. a. vor, dass sich die Einkommensschere in ihrer Amtszeit nur um magere 5 % geschlossen hätte, Frauenförderungspläne in den meisten Unternehmen fehlten und eine Pflichtkarenz für alle Männer nicht zustande gekommen war.

Bundesministerin für Bildung und FrauenNach der Nationalratswahl im Sept. 2013, bei der sowohl die SPÖ mit 26,8 % als auch die ÖVP mit 24,0 % der Wählerstimmen ihr jeweils schlechtestes Ergebnis bei Wahlen zum Parlament eingefahren hatten, beschlossen beide Parteien dennoch, ihre Koalition fortzusetzen. Im zweiten Kabinett Faymann (12/2013) übernahm H. das Ressort Unterricht, Kunst und Kultur von Claudia Schmied (SPÖ). Das Ministerium erhielt ab 1. März 2014 einen neuen Zuschnitt und hieß seitdem Bundesministerium für Bildung und Frauen. Die Bereiche Kunst und Kultur sowie der früher von H. verantwortete öffentliche Dienst wurden dem Minister im Bundeskanzleramt, Josef Ostermayer (ÖVP), übertragen.

Als "Blamage für ein ganzes Land" und "Armutszeugnis für die ohnehin marode Bildungspolitik" kritisierten Oppositionspolitiker, Wirtschaftsexperten, Lehrer, aber auch Politiker des Koalitionspartners ÖVP im März 2014 die Absage von H. an alle nationalen und internationalen Schülertests (Bildungsstandards, PISA, Mathe-Studie TIMSS), was sie damit begründete, die "Datensicherheit" beim Bundesinstitut für Bildungsforschung (BIFIE) sei nicht gewährleistet. Das Magazin profil (28.3.2014) sah H. daraufhin als "eine im Ansatz gescheiterte Bildungspolitikerin", die ihren Amtsbonus rasch verspielt hätte. Nachdem es auch noch zu Pannen bei der erstmals - an 400 Schulen probeweise - durchgeführten Zentralmatura gekommen war, wuchs die Kritik an H.s Krisenmanagement. Später gelang die Premiere der Zentralmatura dann allerdings ohne Probleme.

Mitte 2014 wurde H. Opfer eines sog. "Shitstorms", als sie dem Volksmusik-Star Andreas Gabalier auf dem Netzwerk Facebook eine "kleine Lernhilfe" gab und darauf hinwies, dass er beim Singen der Bundeshymne Österreich nur als Heimat "großer Söhne" besungen und die Änderung vom Jan. 2012 missachtet habe (Standard, 1.7.2014). Kurz darauf entbrannte an den Universitäten Österreichs ein Streit über "Gender-sensible" Sprache, wobei sich ca. 800 Intellektuelle in einem offenen Brief v. a. gegen geschlechtergerechte Formulierungen mit dem "Binnen-I" wandten. H. reagierte mit dem Argument: "Weibliche Formen unerwähnt zu lassen und Frauen auszublenden, wäre ein falsches Zeichen" (SZ, 13./14.11.2014).

SchulreformNachdem im April 2015 eine erste kleine Reform der Neuen Mittelschule (NMS) beschlossen worden war, folgte im Nov. 2015 eine Bildungsreform, die von Medien als "klassische Kompromisslösung" bewertet wurde (Standard, 18.11.2015). U. a. konnten Gesamtschulmodell-Regionen (15 % aller Standorte) in jedem Bundesland eingerichtet werden, und das von H. geforderte zweite verpflichtende Gratiskindergartenjahr sollte verbessert werden (Standard, ebd.).

Ausscheiden aus der RegierungIm Mai 2016 kam es dann zu einer Umbildung in Österreichs Regierung und H. verlor ihren Posten. Nachdem Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) mit seinem Lavieren in der Flüchtlingspolitik (Österreich war eines der Länder, die besonders mit der seit 2015 europaweit zunehmenden Zahl von Flüchtlingen zu kämpfen hatte) und auch durch die Niederlage des SPÖ-Kandidaten Rudolf Hundstorfer in der ersten Runde der Bundespräsidentenwahl seine Glaubwürdigkeit und Unterstützung sowohl in seiner Partei als auch eines Großteils der Bevölkerung verloren hatte, trat er nach siebenjähriger Amtszeit am 9. Mai 2016 überraschend zurück. Am 17. Mai 2016 wurde sein Nachfolger, der bisherige Bahnchef Christian Kern (SPÖ), vereidigt. Kern tauschte einen Tag später drei der sechs SPÖ-Minister - darunter H. - in der Regierung aus. Die Vorsitzende der Rektorenkonferenz, Sonja Hammerschmid (SPÖ), übernahm von H. das Bildungsressort. Die Frauenagenden wurden aus dem Bundesministerium für Bildung und Frauen herausgelöst und ab 1. Juli 2016 dem Gesundheitsministerium von Sabine Oberhauser (SPÖ) zugeschlagen.

H. kehrte am 19. Mai 2016 - erwartungsgemäß - wieder als Abgeordnete in den Nationalrat zurück. Beim außerordentlichen Bundesparteitag der SPÖ am 25. Juni 2016 wurde der neue Kanzler Christian Kern auch zum SPÖ-Parteivorsitzenden gewählt. H. rückte in das SPÖ-Parteipräsidium auf.

SPÖ in der OppositionIhr Mandat wurde bei den Nationalratswahlen im Okt. 2017 und Sept. 2019 bestätigt. Dabei fiel die SPÖ von 26,9 % auf 21,2 % der Stimmen bzw. 40 Mandate (-12) zurück. Bereits nach der Wahl 2017 war die SPÖ/ÖVP-Regierung von einer rechtskonservativen Koalition aus ÖVP und FPÖ unter Bundeskanzler Sebastian Kurz abgelöst worden. Nach der Wahl 2019 einigten sich die ÖVP und die Grünen im Jan. 2020 auf eine (zunächst weiter von Kurz angeführte) Koalitionsregierung. Nach dem Rücktritt von Kurz fand die schwarz-grüne Koalition im Dez. 2021 eine Fortsetzung unter dem neuen ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer.

Zur neuen Parteichefin der seit Ende 2017 oppositionellen SPÖ wurde im Nov. 2018 (nach dem Rückzug von Christian Kern) Pamela Rendi-Wagner gewählt. Nach parteiinternen Machtkämpfen zog sich Rendi-Wagner 2023 aus der Politik zurück, neuer SPÖ-Bundesvorsitzender wurde im Juni 2023 Andreas Babler.

Vorsitz der SPÖ-FrauenH. war im Juni 2009 als Nachfolgerin von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer zur Bundesvorsitzenden der SPÖ-Frauen gewählt worden. Als Meilensteine in ihrer Amtszeit galten die Frauenquote in staatsnahen Betrieben und an den Universitäten, der Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen, sowie der im Sept. 2019 eingeführte sog. "Papamonat" (Freistellung für Väter aus Anlass der Geburt des Kindes). Dennoch konstatierte H. einen "Backlash" bei Frauenrechten ("Eingeschränkter, als sie schon einmal waren"; Standard, 6.3.2020). Im Juni 2021 gab H. ihr Amt nach zwölf Jahren an die oberösterreichische Nationalratsabgeordnete Eva Maria Holzleitner (*1993) ab.

2024 beendete H., zuletzt SPÖ-Kulturprecherin im Nationalrat, nach 25 Jahren ihre bundespolitische Laufbahn, zu den Nationalratswahlen im Sept. 2024 trat sie nicht mehr an. Ihr Mandat endete am 23.10.2024 mit der Konstituierung des neuen Nationalrats.

Gemeinsam mit ihrem Mann betreibt H. ein Consulting-Unternehmen.

Familie

H. und ihr Mann Walter Heinisch, fr. Gemeindeamtsleiter in Guntramsdorf, leben in ihrem Geburtsort. Sie kocht gerne, außerdem ist sie Hobbymalerin.

Auszeichnungen

Ehrungen/Auszeichnungen: Großes Goldenes Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich (12), Negativpreis Big Brother Award für Behörden und Verwaltungen (14), "Silbernes Komturkreuz mit dem Stern des Ehrenzeichens für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich" (22), Victor-Adler-Plakette (23).

Adresse

c/o Heinischconsulting GmbH, Mühlgasse 1, 2353 Guntramsdorf, Österreich, Tel.: +43 664 3374458, E-Mail: mail@heinisch.consulting, Internet: https://www.heinisch.consulting

c/o SPÖ Frauen, E-Mail: frauen@spoe.at, Internet: https://www.frauen.spoe.at/



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