* 6. Oktober 1943
† 22. Oktober 2021
von Felicitas Nicolai
Essay
Udo Zimmermann entstammt einem religiös gebundenen Elternhaus. Die acht Jahre, die er als Sängerknabe im Dresdner Kreuzchor verbrachte, vertieften humanistische Positionen und formten eine ethische Haltung, die der Kunst die Rolle einer Friedensbotschaft sowie die Fähigkeit zu Tröstung und Aufklärung zuerkennt. So ist es kein Zufall, daß vokale Kompositionen in seinem Werkregister dominieren. Das Wort ist Botschaft und als Bedeutungsträger wichtiger Bestandteil der Kompositionen. Die Poetizität literarischer Texte vermag zudem Assoziationen freizusetzen, die das musikalische Denken Zimmermanns inspirieren. Der Vorgang der Text- (oder Stoff-)Wahl vollzieht sich jedoch nicht nach dem Kriterium der Musikalisierbarkeit von Sprache – vielmehr wählt Zimmermann seine Vorlagen aus »dem Geist der Musik«: »Die Musik sucht sich ihr Thema und damit eine adäquate Möglichkeit, dieses Thema musikalisch zu verlebendigen, sozusagen den musikalischen Ausdruck in einer dichterischen Vorlage zu entdecken […]. Zumindest ist es in meinem Fall immer so gewesen. Ich hatte bestimmte musikalische Vorstellungen und von diesen musikalischen Vorstellungen, die immer auch imaginäre Handlungen enthalten, bin ich ausgegangen« (Nicolai 1990, 333).
Phantasie und Interesse Zimmermanns entzünden sich – sowohl in den Opern als auch in den nicht für die Bühne geschriebenen Vokalwerken – an sehr ...