Annie Ernaux

Annie Ernaux (eigentlich Thérèse Blanche Duchesne) geboren am 1. 9. 1940 in Yvetot (Normandie). Ihre Eltern waren Arbeiter und erwarben 1945 ein Kolonialwarengeschäft mit Ausschank, dessen Atmosphäre Annies Kindheit prägte. Nach erfolgreichem Gymnasialabschluß Studium der Literaturwissenschaften in Paris; 1971 Promotion. Sie unterrichtete als Gymnasiallehrerin in Bonneville (Haute-Savoie), Annecy und Pointoise. Ernaux war Gymnasiallehrerin in Cergy-Pontoise bei Paris. 2022 erhielt sie den Literaturnobelpreis.

*  1. September 1940

von Eva Kimminich

Essay

Annie Ernauxʼ Werk ist entschieden autobiographisch geprägt. Mehrfach thematisierte die Autorin ihren eigenen Lebensweg vom Arbeiterkind zur Schriftstellerin. Dieser Selbstfindungsprozeß spiegelt sich im Wandel ihres

Stils.

Ihre ersten beiden Romane „Les armoires vides“ (Die leeren Schränke, 1974) und „Ce quʼils disent ou rien“ (Was sie sagen oder nichts, 1977) konzentrieren sich auf die Konfrontation ihrer aus dem Arbeitermilieu stammenden jugendlichen Heldinnen mit bürgerlichen Mitschülern. Sie erleben sich und ihre Eltern als andersartig, was zu starken Minderwertigkeitsgefühlen führt. In „Les armoires vides“ findet die Heldin jedoch einen Ausweg.

Denise Lesur ist schwanger und sucht eine „Engelmacherin“ auf. Durch diese in jeder Beziehung schmerzhafte Erfahrung setzt sich die Zwanzigjährige rückblickend mit ihrem bisherigen Leben auseinander: Ihrer sozial bedingten Verhaltens- und Ausdrucksweise wegen wird sie von den Mitschülern verspottet und von der Lehrerin bestraft. ...