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MUNZINGER Personen

Abd-el-Krim

fr. Rif-Kabylenführer in Marokko
Geburtstag: 1880 Ajdir
Todestag: 6. Februar 1963 Kairo (Ägypten)
Nation: Marokko

Internationales Biographisches Archiv 14/1963 vom 25. März 1963


Blick in die Presse

Wirken

Abd-el Krim wurde im Jahre 1880 als Sohn eines Kadi in Ajdir, einem Dorf an der Alhucemas -Bucht geboren, Er gehört dem Berberstamm der Khattabis an, die den Spaniern friedlich gesinnt waren, bis der spanische Kommandeur Berenguer im Jahre 1920 ihre heilige Stadt Chechatuen besetzte. A.s Vater verübelte die Besetzung aus religiösen Gründen, eröffnete die Feindseligkeiten gegen die Spanier und wurde tödlich verwundet. Er wurde so zu einem der Vorkämpfer der panarabischen Freiheitsbewegung in Nordafrika.

Über A.s eigene Jugend ist bekannt, daß er von den Spaniern offenbar eine gute Schulausbildung erhielt und zunächst loyal mit der Schutzmacht zusammen gearbeitet hat. Er war etwa ab 1909 als Kadi in Melilla und juristischer Beisitzer in der Zentralverwaltung der marokkanischen Polizei tätig und gebärdete sich zunächst keineswegs wie ein Todfeind der Europäer. Der Sinnesumschwung scheint gekommen zu sein, als er Redakteur in der Zeitung "Telegramma de Rif" wurde. Seine Agitationstätigkeit gegen die Kolonialmächte läßt sich bis in diese Zeit zurückverfolgen.

Nach der Beendigung des ersten Weltkrieges verstärkte er seine revolutionäre Arbeit und wurde bei einem Kampf, dem sein Vater zum Opfer fiel, selbst gefangengenommen und 11 Monate lang in Spanien festgehalten. Nach seiner Rückkehr nach Marokko schwor er Rache.

Unter seiner Führung begann 1921 der eigentliche Rif - Kabylen - Aufstand, der noch im gleichem Jahre zu einer vernichtenden Niederlage der Spanier bei Annual führte. Von 20 000 Spaniern entkamen nur 1 500. Der spanische General Silvestre erschoß sich aus Verzweiflung. Später nahmen die Rifkabylen die 50 000 Einwohner zählende Stadt Melilla. Die Spanier mußten ihre Inlandsstellungen aufgeben und sich auf Tetuan zurückziehen. Daraufhin wurde A. 1922 zum Sultan des Rifs ausgerufen. Als der Aufstand im Jahre 1925 auch auf französisches Gebiet (Fez) übergriff, und die Bergstämme des Inneren erfaßte, begannen die Spanier unter Primo de Rivera, dem späteren Diktator, zusammen mit den Franzosen erneut gegen A. vorzugehen. Mit einem Aufgebot von mehr als 200000 Mann, bekannten Heerführern wie Lyauthey und Pétain sowie den modernsten Kriegsmitteln der damaligen Zeit wurde der Aufstand schließlich mühsam niedergeworfen. A. ergab sich am 26. Mai 1926 und wurde auf die Insel Réunion verbannt. Bei diesen Kämpfen werdiente sich der spätere spanische Staatschef Franco seine militärischen Sporen. In der Verbannung verfaßte A. ein Buch mit dem Titel "Mein Krieg gegen Spanien und Frankreich".

Anfang Februar 1947 gab die französische Regierung A. die Erlaubnis nach Villeneuve -sur - Loube an der Riviera überzusiedeln. Auf der Reise dorthin ließ sich A. aber in Port Said plötzlich mit seiner zahlreichen Familie an Land setzen, u. erhielt dort eine Aufenthaltsgenehmigung.

In Kairo wurde die Person und der Wohnsitz A.s bald zu einem Kristallisationspunkt des nordafrikanischen Nationalismus. Anfang März 1950 erklärte A. - zum Präsidenten des nationalen Freiheitsausschußes der Nordafrikaner gewählt - die Bereitschaft der Einwohner Marokkos, Algier und Tunis zum Kampf gegen die Kolonialmächte. Mehrfach wurde deutlich, daß die nun folgenden Schwierigkeiten in den französischen Kolonien in gewissem Umfang auch auf das Wirken A.s zurückzuführen waren, der in Nordafrika offenbar bis zuletzt eine bedeutende, wenn auch nicht leicht erkennbare Rolle spielte. Zumindest wirkte "Allahs Schwert", oder "der Löwe des Atlas" immer noch als Mythos. Einst ein wilder Gegner der Spanier, sah A. später seinen Hauptfeind in Frankreich. Immer wieder richtete er anfangs der 50er Jahre Drohungen an die französische Adresse u. Appelle an die Großmächte, Marokko die Unabhängigkeit zu gewähren.

Nach dem Sturz der Monarchie in Ägypten betonte A. im Sept. 1953, daß diese Vorgänge ein Ansporn für alle arabischen Völker seien. 1954 erklärte er sich mit den im Kampf um ihre Unabhängigkeit begriffenen Tunesiern solidarisch. Nachdem Marokko die Unabhängigkeit im März 1956 erreicht hatte, griff A. im Mai 1956 die marokkanischen Istiqlal-Partei an, weil sie mit Frankreich ein Abkommen geschlossen habe, welches das Land nicht genügend von französischer Kontrolle befreit habe.

A. hatte zwei Söhne. Einer von ihnen half ihm bei der Niederschrift seiner Memoiren. A. sprach fließend Spanisch und Französisch und konnte auch etwas deutsch.

Im Nov. 1958 verfügte König Mohammed V. von Marokko, daß A. sein gesamtes im Jahre 1926 konfisziertes Eigentum zurückzuerstatten sei. Im Apr. 1959 lud ihn der König zur Rückkehr nach Marokko ein und bewilligte ihm darüber hinaus eine Pension "für die unschätzbaren Dienste, die er dem Vaterland geleistet habe". A. zog es vor, in Kairo zu bleiben. Noch im letzten Jahr drohte er mit neuen Unruhen für den Fall, daß König Hassan von Marokko "sein Bündnis mit dem Imperialismus" nicht löse.

Er starb am 6. Febr. 1963 etwa 83 Jahre alt, in Kairo. Seine sterbliche Hülle soll später in marokkanischer Erde beigesetzt werden.

Abd-el-Krim



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