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MUNZINGER Personen

William Vickrey

amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler kanadischer Herkunft; Nobelpreis (Wirtschaft) 1996
Geburtstag: 21. Juni 1914 Victoria/British Columbia
Todestag: 11. Oktober 1996 bei New York/NY
Nation: Kanada, Vereinigte Staaten von Amerika (USA)

Internationales Biographisches Archiv 03/1997 vom 6. Januar 1997 (gi)


Blick in die Presse

Herkunft

William S. Vickrey stammte aus Victoria im kanadischen Bundesstaat British Columbia. Er war ein Jahr alt, als die Familie von Kanada nach New York umzog. Später wurde er amerikanischer Staatsbürger.

Ausbildung

Nach Abschluß der High School begann er ein Studium an der amerikanischen Yale University, die er 1935 mit dem Bachelor-Grad in Naturwissenschaften (B.S.) verließ. Noch im gleichen Jahr wechselte er an die Columbia University in New York, erhielt 1937 den Master-Grad (M.A.) und wurde schließlich 1947, nach längerer Tätigkeit als Steuerberater, zum Ph.D. promoviert.

Wirken

Schon kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges gab V. seinen Beruf als Steuerberater auf. 1946 wurde er Dozent an der University of Columbia, von 1958 bis zu seiner Emeritierung 1981 war er dort Professor für Ökonomie.

1996 wurde V. zusammen mit dem britischen Wirtschaftswissenschaftler James Mirrlees mit dem von der schwedischen Reichsbank gestifteten Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet. In der Begründung wurden die beiden Forscher insbesondere für ihre Leistungen im Bereich der Informationsökonomie, genauer: "für ihre grundlegenden Beiträge zur ökonomischen Theorie über Anreiz bei asymmetrischer Information" gewürdigt.

Als von besonderer Bedeutung bezeichnete das Nobelpreiskomittee dabei die von beiden Preisträgern - im zeitlichen Abstand von mehreren Jahrzehnten - entwickelte und verfeinerte Frage, wie sich handelnde Personen bei unvollständiger oder ungleich verteilter Kenntnis wirtschaftlicher Bedingungen verhalten. Ungleich verteilte Kenntnisstände, "Informationsasymmetrien", führen, so die These, zu Vorteilen für einzelne Akteure, können von diesen strategisch genutzt werden, bestimmen in vielen Fällen deren Handeln und haben maßgeblichen Einfluß auf die Funktion des Marktes.

Daraus ergibt sich die Frage, wie sich Verträge oder Institutionen so gestalten lassen, daß den unterschiedlichen Kenntnisständen und den daraus resultierenden Problemen der Handlungssteuerung und der Handlungsanreize Rechnung getragen wird und wirtschaftliche Effizienz gewährleistet bleibt.

Beide Preisträger haben die Bedeutung von Informationsasymmetrien in sehr unterschiedlichen Gebieten analysiert, als da sind: die Bank, die keine vollständige Kenntnis über die zukünftigen Einkommensverhältnisse eines Schuldners hat; der Unternehmenseigentümer, der über jeweilige Kosten und Konkurrenzverhältnisse weniger gut informiert ist als das geschäftsführende Management; die Versicherung, die keine vollständige Kontrolle über das Verhalten des Versicherten bezüglich des versicherten Gutes besitzt; der Auktionator, der letztlich keine gesicherte Kenntnis vom Zahlungswillen des mutmaßlichen Käufers hat; der Staat, der sein Steuersystem gestaltet, ohne die Produktionsfähigkeit der einzelnen Staatsbürger genau zu kennen usw.

V. hatte sich in den vierziger Jahren intensiv mit der Einkommensbesteuerung befaßt, sich dabei gegen strikt progressive, gleichheitsorientierte Steuermodelle als leistungshemmend gewandt und ein Besteuerungssystem postuliert, das sich nicht am Prinzip der Gleichheit, sondern am Ausgleich allgemeiner Ansprüche und individueller Leistungsbereitschaft orientieren solle, also daran, wann sich Arbeit und Risiko für den Besteuerten noch lohne. In den fünfziger und sechziger Jahren legte er bahnbrechende Arbeiten zur Gebührengestaltung und -erhebung im öffentlichen und privaten Verkehr, in der Elektrizitätswirtschaft, der Telekommunikation und der Wasserversorgung vor. In Laufe der sechziger Jahre widmete sich Vickrey vor allem den Verkaufs- und Kaufmechanismen bei Auktionen. Das Problem, wie ein potentieller Käufer zu einem realistischen, dem Wert des Versteigerungsgutes angemessenen Angebot veranlaßt werden kann, das auch seinem tatsächlichen Zahlungswillen entspricht, hat er mit der sogenannten "Vickrey-Auktion" gelöst. In diesem Falle würde bei geheimer Gebotsabgabe der Käufer mit dem höchsten Gebot den Zuschlag erhalten, aber nur den Preis des zweithöchsten Gebots entrichten müssen.

Mirrlees seinerseits gelang es, das von V. skizzierte Problem der optimalen Einkommensbesteuerung 25 Jahre später auch mathematisch soweit auszuformulieren, daß nun ein vollständiges Modell vorlag. Seine Erkenntnisse wirkten, so das Nobelkomitee, "für ein breites Band von wirtschaftlichen Fragen, bei denen asymmetrische Informationen eine wichtige Rolle spielen, schulbildend". Nimmt man zum Beispiel den Bereich des Versicherungswesens, so hieße die Aufgabe, analog zu V.s Grundüberlegungen im Steuerwesen, die Bereitschaft des Staates oder von Versicherungen, für nahezu alle Fälle Sicherheit zu garantieren, mit der Fähigkeit und Bereitschaft des Versicherten in Einklang zu bringen und diesem Anreize zu geben, verantwortlich mit dem Versicherungsgut umzugehen und etwa übermäßige Risiken zu vermeiden.

Familie

Nur drei Tage nach der Auszeichnung mit dem Nobelpreis ist V. auf der Fahrt von New York zu einer wissenschaftlichen Konferenz in Boston am Steuer zusammengebrochen. Wenig später stellte man seinen Tod fest.

Werke

Veröffentlichungen u. a.: "An Agenda for Progressive Taxation" (1947), "Counterspeculation, Auctions, and Competitive Sealed Tenders" (1961, in: Journal of Finance, No. 16).

Auszeichnungen

Auszeichnung u. a.: Nobelpreis in Wirtschaftswissenschaften (1996; zus. mit dem Briten James Mirrlees).

Adresse

Letzte Adresse: c/o Dept. of Economics, Columbia University, New York, NY 10027, U.S.A.



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