Der für den EV Landshut stürmende Georg Franz erlebte in den 90er Jahren eine wechselvolle Karriere, in der gesundheitliche Probleme und sportliche Höhenflüge einander ablösten. Vom schwedischen Trainer Hardy Nilsson in den 80er Jahren einmal als "der kompletteste Bundesligastürmer" bezeichnet, gab er 1985 als 20jähriger sein Debüt in der Nationalmannschaft. Fünf Jahre später war der wegen seiner Schnelligkeit auch "Turbo-Schorsch" genannte Außenstürmer plötzlich ganz unten, verlor nach einem Kreuzbandriß etwas den Anschluß und kehrte erst 1992 in den Kreis der DEB-Auswahl zurück. Drei deutsche Meistertitel (zweimal mit SB Rosenheim, einmal mit Hedos München) gehören ebenso wie insgesamt neun Teilnahmen an Weltmeisterschaften bzw. Olympischen Spielen zu den Höhepunkten seiner Laufbahn, die der gelernte technische Zeichner noch bis zu seinem 34. Lebensjahr fortsetzen möchte.
Im Alter von sechs Jahren zog Georg Franz, der noch drei jüngere Geschwister besitzt (Thomas, Adreane, Gertrud), mit seiner Familie von Rosenheim ins niederbayerische Straubing. Dort lernte er seine heutige Ehefrau Andrea kennen, mit der er eine Tochter hat. In seiner Freizeit spielt er gerne Golf oder fährt Mountainbike, zudem liebt er Action-Filme und interessiert sich für Oldtimer. "Nüchterner Realitätssinn prägt seine Einstellung zum Leben", charakterisierte der SPORT-Kurier den ausgeglichenen Bayern einmal.
Laufbahn
Georg Franz stand schon mit drei Jahren auf Schlittschuhen, jagte aber zu Beginn seiner sportlichen Laufbahn nicht dem Puck, sondern dem runden Leder hinterher. Erst als 11jähriger widmete er sich dem Eishockey, spielte mit seinen Freunden zunächst aber nur auf den Seen rund um Straubing. Auf das Talent des schnellen Stürmers wurden die Nachwuchstrainer in Straubing schnell aufmerksam und holten den Jungen in den TSV. Franz imponierte durch Ehrgeiz und Einsatzwillen, wurde früh in diverse Auswahlmannschaften Bayerns und des DEB berufen, stand als 17jähriger bereits 1982 in der Zweitligamannschaft der in EHC umbenannten Straubinger und wechselte vor der Saison 1983/84 nach Rosenheim. "Der Hans hat zu mir gesagt, ich müsse vor allem kämpfen, meine Arbeit machen. Dann dürften auch Fehler passieren" erinnerte sich Franz an den Rat, den ihm sein damaliger Sturmpartner Hans Zach mit auf den Weg gab. SBR-Trainer Pavel Wohl formte aus dem Rohdiamanten einen Edelstein, der schon in seiner zweiten Bundesligasaison mit den Rosenheimern Deutscher Meister wurde, in 42 Spielen 44 Skorerpunkte sammelte und den Sprung in die Nationalmannschaft schaffte. An der Seite von Franz Reindl und Ernst Höfner stürmte er bei der WM in Prag, bei der er mit fünf Skorerpunkten ein beachtliches Debüt gab.
Die Karriere des stillen Stürmers verlief auch in den folgenden Jahren weiter nach oben, obwohl sein Förderer Dr. Pavel Wohl nicht mehr hinter der Bande des SBR stand. In der Saison 1987/88 avancierte Georg Franz zum besten deutschen Torjäger in der Bundesliga: 33 Tore und 58 Punkte standen nach 49 Spielen zu Buche. Das machte auch einen Spielervermittler aus der NHL auf ihn aufmerksam, doch ernsthafte Gespräche kamen nicht zustande ("es wäre interessant gewesen, ich wäre 'rübergegangen"). Einziger Wermutstropfen in jener Saison: Der SBR mußte sich nach einer Niederlage im fünften Play-off-Finale dem Kölner EC geschlagen geben. Zwölf Monate später drehten die Oberbayern den Spieß um, diesmal hieß der Finalgegner allerdings Düsseldorfer EG. Hinter dem alles überragenden Jaroslav Pouzar war Georg Franz einer der wichtigsten Leistungsträger im Team und steuerte 35 Tore bei - bis heute sein persönlicher Saisonrekord.
Mit einem Kreuzbandriß im Dezember 1989 begann eine Zeit des Leidens für den Stürmer, der die Saison dennoch zu Ende spielte. Trotz Operation blieb "da eine Streckhemmung drin" und das Becken verschob sich, so daß Franz immer wieder Probleme hatte und schließlich beim Physiotherapeuten Sepp Scharhauser landete, der ihn 1991 wieder fitmachte. Nach einer exzellenten Saison - Franz war nach den beiden Ausländern drittbester Torschütze des SBR - kehrte er 1992 in die Nationalmannschaft zurück und bestritt seine fünfte Weltmeisterschaft. Es folgte der Rosenheimer Rückzug aus der Bundesliga ("ich war etwas traurig, weil ich sehr lange in Rosenheim gespielt habe, und weil es mir dort auch sehr gut gefallen hat") und der Wechsel zu Hedos München. Unter Hardy Nilsson kam Franz jedoch nicht so recht zur Geltung und schien seinen Torinstinkt verloren zu haben. "Im schwedischen Defensivsystem haben es die Torjäger schwer", nannte er einen Grund für seine Ladehemmung. Dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft 1994 mit den Münchnern folgte der Konkurs der Maddogs kurz vor Jahresende. "Schorsch" Franz kehrte in die Nähe seiner alten Heimat zurück, schloß sich dem EV Landshut an und stand mit den Niederbayern 1995 im Play-off-Finale gegen die Kölner Haie. Der EVL verlor das Duell, doch Franz durfte sich immerhin zugute halten, mit 52 Punkten so erfolgreich wie zuletzt 1989 abgeschnitten zu haben. Bei der anschließenden WM in Schweden konnte er verletzungsbedingt allerdings nur drei Spiele absolvieren. "Georg Franz kommt mir vor wie ein hochbegabtes Rennpferd, stark genug, das Kentucky Derby zu gewinnen. Aber kurz vor dem Start passiert ihm immer wieder etwas, zwickt es irgendwo an diesem perfekten Körper", schilderte Ron Fischer einmal das Dilemma seines langjährigen Weggefährten.
Persönliches
Februar 2008: Der frühere Eishockey-Nationalspieler und heutige Nachwuchstrainer des EHC Straubing, Georg Franz, bricht bei einem Turnier in Ingolstadt zusammen und muss operiert werden. Anschließend wird er in ein künstliches Koma versetzt.
Karriere in Zahlen
Stationen:
bis 1983: |
EHC Straubing |
1983 - 1992: |
SB Rosenheim |
1992 - 1994: |
Hedos München |
ab 1994: |
EV Landshut |
Bundesliga/DEL-Bilanz:
Sp T A P St |
1983/1984 26 5 5 10 12 |
1984/1985 42 27 17 44 16 |
1985/1986 42 21 17 38 12 |
1986/1987 44 15 15 30 29 |
1987/1988 49 33 24 57 48 |
1988/1989 47 35 24 59 40 |
1989/1990 37 28 19 47 18 |
1990/1991 44 32 19 51 22 |
1991/1992 52 24 23 47 26 |
1992/1993 48 15 14 29 30 |
1993/1994 54 14 8 22 16 |
1994/1995 58 30 22 52 48 |
1995/1996 39 16 15 31 24 |
Int. Bilanz
Sp T A P St |
WM 1985 10 3 2 5 0 |
WM 1986 10 0 0 0 2 |
WM 1987 6 0 0 0 0 |
Olympia 1988 8 2 2 4 8 |
WM 1989 10 3 0 3 4 |
WM 1992 6 1 2 3 0 |
WM 1993 6 1 2 3 2 |
Olympia 1994 8 0 1 1 4 |
WM 1995 3 0 0 0 0 |
Erfolge:
7facher WM-Teilnehmer |
2facher Olympiateilnehmer |
Deutscher Meister 1985, 1989, 1994 |
Deutscher Vizemeister 1988, 1990, 1992, 1995 |
131 Länderspiele |
24 Länderspieltore |